"Ich bin ein Menschenmaler"
Die Weltbilder des Künstlers Oreste
Neben den "Zollstock-Bildern" und der Serie "Das Ende des 20. Jahrhunderts" entstand noch ein dritter Werkblock, der ziemlich spektakulär ist und mit dem Du zum ersten Mal wirklich große Verkaufserfolge hattest: Die "Bilder von Liebe und Tod". Akte. Also im Gegensatz zur thematischen Verengung und Vergrößerung in den vorher genannten Werkgruppen jetzt die Fokussierung auf das Menschenbild. Warum ?
Dazu gebracht hat mich die christliche Ikonografie. Da habe ich immer leidende Männer vorgefunden, also der heilige Hieronymus im Gehäuse und ähnliche Bilder. Und ich hatte die Vorstellung, dass eigentlich die am meisten leidenden Menschen - zumindest in unserer Kultur - immer die Frauen waren !
Daraufhin habe ich angefangen darüber eine Serie zu beginnen. "Bilder über Liebe und Tod", also Bilder, die immer auch Sexualität beinhalten, aber auch immer das Leiden dargestellt haben. Es sind großformatige Bilder, meistens Ausschnitte von Personen, die zumeist Frauen darstellen.
Darunter sind Bilder, die ein sehr gewalttätiges Sujet vorstellen. Zum Beispiel "Kopfüber", ein an einem Fleischerhaken hängender Frauenakt. Warum diese Drastik und Schonungslosigkeit in der Darstellung ?
Ich bin der Meinung, das ich überhaupt nicht schonungslos bin. Sondern das die Welt schonungslos ist ! Und das diese Bilder eigentlich nur ein ganz schmaler Ausschnitt der Drastik sind, die in der Welt herrscht.
Das hat unseren Verbandsbürgermeister so bewegt, das dieses Bild jetzt in seinem Büro hängt. Über seinem Schreibtisch. Sein Mut ist wahrscheinlich größer als meiner.
Der schonungslose Blick auf die Welt findet sich auch wieder in den Porträts, die Du immer wieder gemalt hast. Sei es ein Porträt Deines Vaters oder Schwiegervaters, oder Selbstporträts. Was bedeutet es für dich Selbstporträts zu malen ?
Ein Selbstporträt ist für mich ein schonungsloser Blick auf mich selbst. Also mich nicht als einen geglätteten schönen Menschen darzustellen, sondern die Schönheiten, aber auch die Problematiken, auch die Hässlichkeiten an mir festzustellen.
Wobei ein Teil der Selbstporträts noch nicht einmal Selbstporträts sind. Ich habe auch Zeichnungen gemacht über leere Wein- und Sektgläser mit dem Titel "Der Tag danach". Also ich versuche eigentlich mit den Selbstporträts mich selbst zu begreifen. Weil, wenn man nur so durch die Welt läuft, begreift man sich überhaupt nicht.
In den bis zu diesem Zeitpunkt gemalten Bildern fällt eine stilistische Festlegung auf: Du hast Dich für eine gegenständliche, sehr narrative Malweise entschieden, gegen die Abstraktion ?
Nein, so würde ich das nicht sehen. Jedes Bild ist eine Abstraktion. Selbst ein Foto ist eine Abstraktion, es besteht aus Pixeln oder anderem. Gegenständlich würde ich das nicht nennen. Ich nenne das eine figurative Darstellung.
Was mir ganz wichtig ist bei meiner ganzen Arbeit: Mir geht es eigentlich um eine Menschenbild ! Auch meine New-York-Serie besteht im wesentlichen nicht aus architekturbezogenen Bildern sondern ich habe immer versucht die Menschen zu sehen. Vor allem die Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen.
"Rollschuh laufen" (Ausschnitt) - Aus der Serie "Out of Zollstock"
"Fangschuss"
"Kopfüber"
"Korsett"
"Bernhard Kirsch"
"Porträt meines Vaters"
"Crossroads"
"Nelson Mandela"
Kapitel 5
... in dem Oreste Bilder von Liebe und Tod malt und über sich selbst Auskunft sucht.
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Kapitel 5
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